Gebilde = Gedanken

IDENTITÄT

Identität,

Wo gehöre ich hin? Mit was oder wem identifiziere ich mich? Welches Land betrachte ich als meine Heimat? Mus ich eine haben? Will ich eine haben? Was bedeutet es für mich? Was bedeutet es für die anderen um mich herum lebenden?

Um alle diese Fragen beantworten zu können, muss ich mir zuerst überlegen:

Wer bin ich? Woher komme ich? Was will ich? Kann ich? Darf ich? Soll ich?

Worüber reden wir hier überhaupt?

Herkunft?

Wodurch wird diese definiert? Den Vater? Guter Anfang. Daher auch wahrscheinlich der Name von Griechisch hergeleitet: Pateras = Vater, Patrida = Heimat.

Und da haben wir schon ein Unterschied in der Auffassung oder irre ich mich, wenn für mich das eine mit dem Namen und der Herkunft des Vaters verbunden ist und das andere mit dem Land in welchen mein oder sein Zuhause steht?

Nein. Das führt nirgends hin. Anderes: Nehmen wir die Nationalität. Was ist das? Ich will kein Wörterbuch aufmachen, nicht in Wikipedia (welche ich übrigens liebe) nachsehen. Nein, ich will herausfinden, wie sich die Antwort anfühlt. «Ich bin Teil, Mitglied einer Nation. Diese habe ich nicht gewählt, in diese bin ich geboren. Sie ist mir von meinem Vater vererbt. Kann ich diese ändern? Wohl nicht.»

Staatsangehörigkeit. Hm. Das hat vielleicht mehr Bezug zu dem Wort Heimat. Etwas stabiles. Staaten bleiben an ihrem Platz. Bewegen sich nicht. Nationen, Völker aber doch. Die wandern, flüchten, erobern, besetzen, verschwinden, werden vernichtet, vermischt. Aber auch wieder: Staaten werden zerteilt, «übernommen», «integriert», vereint, annektiert, umbenannt und was weiss alles noch. Nein, auch da ist nichts stabiles. Das heisst also für mich: Staatsangehörigkeit kann ich beantragen, erwerben, ändern. Wenn ich diese habe, identifiziere ich mich auch dadurch.

Und da sind wir schon am Anfang der Fragen.

Wo gehöre ich hin? In das Land wo ich geboren bin? In das Land wo auch mein Vater geboren war und lebte? Was aber, wenn der Vater früh starb, die Nationalität meiner Mutter eine andere war und die wirren des politischen Geschehens uns in die Heimat meiner Mutter verschlug? Was, wen das Land meines Vaters mir meine Nationalität wegnahm? Irgendwann bekam ich die Nationalität meiner Mutter. So einfach. Wie fühlt sich das an?  Wie eine Wunde, die langsam mit einer hässlichen Narbe heilte. Nach vielen Jahren machte man dieses Unrecht wieder gut. Die hässliche Narbe glättete sich. Nun hatte ich zwei Nationalitäten und eine Heimat. Eine, in welcher ich weder geboren, noch aufgewachsen war, welcher die Sprache ich erst im erwachsenen Alter lernte.

Jetzt bereits. Wen ich entscheiden sollte, mit welchem Land, mit welcher Nation ich fühlen sollte, wäre sie in Gefahr… welche meinen sie, dass ich vorziehen würde? Sollte ich glauben, dass das Sprichwort, aus dem Tschechischen übersetzt: «Der, wo Türke geworden ist, ist schlimmer als der Türke selbst.» (Ist natürlich von den Angriffen der Ottomanen auf Mitteleuropa überführt und hat mit Heute nicht zu tun), auf mich anwendbar ist? Möglich.

Also, bei einem Fussballspiet… ist heute aktuell. Für wenn würde ich die «Daumen drücken»? Mit wen würde ich nach einem Sieg jubeln? Da ist die Antwort klar. Natürlich mit dem Sieger. Und die vorherige Frage? Einfach: »Der bessere soll gewinnen»! Was wäre aber, wenn ich ein Spieler wäre in einer der beiden Mannschaften? Würde ich dann alles geben für die, deren Teil ich wäre gegen die andere, welche zwar mit mir verwandt, aber im Moment auf der anderen Seite des Spielfelds steht? Die Antwort ist einfach… für mich zumindest. In diesem Fall identifiziere ich mich vollständig mit meinem Team und die Staatsangehörigkeit spielt eine untergeordnete Rolle. Was nach dem Spiel dann geschieht? Da kann ich nur raten: Nach dem man für sein Team alles gegeben hat, im Rausch des Sieges, befindet man sich in einer Art Erwachens aus der Transe und überreagiert. Mancher schlägt Purzelbäume, andere zieht sich aus und wirft sein Leibchen ins Publikum, der andere erinnert sich an den weiten Weg, den er zurückgelegt hatte, bis er zu diesem Moment des Ruhmes gelangt ist. Der eine weint, der andere gestikuliert. Manche Gesten kommen dann nicht bei allen gut an. Sollte man in solchen Momenten dem Beachtung schenken und es werten? Das ist eine andere grosse Frage. Ich überlege: Wahrscheinlich liegt die Antwort eher in der Identität des wertenden, als in der Logik.

Während meiner Reisen in meinem Leben, habe ich in verschiedenen Ländern erfahren, dass jedes Volk seine eigene Körpersprache hat. Da gibt es gute Gesten, welche Zuneigung, Freundschaft, Mitgefühl, Freude, Liebe, Trauer, Hilflosigkeit, Hilfsbereitschaft und andere bedeuten. Es gibt aber auch ganz eindeutige Gesten, welche böse sind, feindlich, verwerflich und beleidigend. Eine kenne ich aus Griechischem: Eine offene Handfläche zu seinem Gegenüber gestreckt. Das bedeutet eine totale Herabschätzung und früher wurde dafür auch getötet. Heute dort und bin sicher auch in anderen Ländern solche Gesten sind zwar beleidigend, aber kein Grund um jemanden zu töten. Auch wird man nicht mehr dafür vors Gericht zitiert. Höchstens begründet es eine Feindschaft, welche womöglich sowieso schon vorher bestanden hat.  Ja,ja! Ich weiss. Da steht noch eine Frage im Raum und auch die muss beantwortet werden. Was wäre, wenn im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung man einem «Feind» gegenüber stand, welcher seine zweite Identität hat? Die Antwort ist dennoch einfach: «Auch in einer und derselben Familie gibt es Streit, der manchmal mit dem Tod eines der am Streit beteiligten endet. Es gibt auch Bürgerkriege. Auch dort stehen sich Menschen gegenüber die sich in irgendeiner Weise nahe stehen. Sie sehen, es müssen sich nicht einmal zwei Staaten gegenüber feindlich stehen, damit eine solche Situation entsteht. Ja aber, was macht man dann? Ich glaube, dass es dann darauf ankommt, was für den einzelnen auf dem Spiel steht. Was er mit seinem Leben bereit ist zu verteidigen. Jedes mal aufs neue wird abgewogen und entschieden, wobei natürlich auch vieles andere eine Rolle spielt. Vor allem aber die Umstände, die Emotion, Charakter, frühere Erfahrungen und die jeweilige Stresssituation. Dazu gehört auch, ob man dazu gezwungen wird.

Die Suche ist aber noch nicht zu Ende! Noch nicht bei mir. Stellen sie sich vor, dass die politischen Wirren der damaligen Zeit, jemanden in ein drittes Land verschlagen, und dieses Land dann von diesem Menschen als der endgültige Heimathafen von ihm angesehen wird. Dieser Mensch, beladen bereits mit zwei Identitäten nimmt noch eine dritte an. Schafft er es? Warum nicht?

Da glaube ich, spielen eine grosse Rolle einige Faktoren. Das Alter und die Frage, wie lange man wo gelebt hat. Welche seine kulturelle Grundlage ist, wo er sich am wohlsten fühlt, womit man sich identifiziert. Und das wichtigste: Wie ist es für einen, wenn er nach z.B. 50 Jahren versucht zurück leben zu gehen in eins der beiden Länder, welche er vor so langer Zeit verlassen hatte? Das Erlebnis ist schmerzhaft und zumindest enttäuschend. Man versteht sich nicht mehr. Sogar die Sprache hat sich verändert und die Körpersprache auch. Die Art und Weise, die Gewohnheiten, die Alltäglichkeit funktioniert nun mehr anderes. Man ist einfach ein Fremder. Zurück in seiner «endgültiger Heimat» fühlt man sich dann am besten aufgehoben, verstanden und dahin gehörend. Damit IDENTIFIZIERT man sich. Ob ich meiner anfänglichen Frage auf den Grund gekommen bin, weiss ich nicht. Eis weiss ich aber mit Sicherheit. Der Mensch braucht eine Identität. Er muss irgendwo hingehören mit allen Konsequenzen welche das mit sich bringt. Der Mensch ist ein Gesellschaft Wesen und kann nicht alleine leben. Ist das nur meine Meinung?

EPILOG?

Muss das sein? Sieht so aus. Ich dachte auch dass das Thema ausgeschöpft wäre. Aber als ich heute Morgen einen Artikel in «20 Minuten» Schweiz gelesen habe, verstand ich, dass dieses Thema droht einen sehr falschen Weg zu nehmen. Das haben auch die viele Kommentare, die darauf folgten bis die Möglichkeit geschlossen wurde, gezeigt.

Welches war das Thema? Sorge um den Nachwuchs= die 3.Generation ausgewanderten Kosovo Albanern, welche ihre « Muttersprache» nicht beherrschten und sogar auch nicht als Albaner genannt werden wollten.

Ja. Vor 40 Jahren schrieb ich ein Text für ein Lied… in einer anderen Sprache. Welcher Sprache? Gerade das spielt hier keine Rolle. Warum? Weil es sich hier um ein Thema handelt, welches alle Völker betrifft und alle Menschen, die sich SELBST entscheiden auszuwandern. Wie ist es aber mit denjenigen, die flüchten müssten in ein anderes Land und dort geblieben sind? Das BLEIBEN nach so vielen Jahren, das haben sie auch SELBST entschieden. Also, gibt es da keine Ausnahme.

Diese Menschen, ob sie es wollten oder nicht, sind ENTWURZELT. Wissen aber sehr wohl woher sie kommen und tragen die Kultur ihres Ursprunglandes in sich. Sie versuchen diese auch an ihre Kinder weiterzugeben. Ihre Kinder sind aber in einem anderen Land geboren und aufgewachsen. Haben, ob ihre Eltern es wollen oder nicht, eine andere Kultur angenommen. Ihre Muttersprache ist eine andere. Auch wenn sie zuhause mit ihren Eltern die Sprache der Eltern sprechen, sie betrachten sich als Teil der Gesellschaft, in welcher sie aufgewachsen sind. Umso mehr ihre Kinder, welche sogar aus nun möglicherweise gemischten Ehen kommen und die Staatsangehörigkeit des Landes besitzen, welches sie als die ihre Heimat betrachten.

«Heimat Heimat! Sammle Deine Kinder aus der Fremde!

Wenn Du das versäumst, verlierst Du sie!

Die Kinder Deiner Kinder verlierst,

und ihre Enkel, niemals siehst!»

So in etwa ist die Übersetzung dieses Liedes und ich glaube es trifft 100% zu.

Dass die «Heimat» versucht die 3.Generation zurück zu holen, ist ein gute Versuch. Auch die Art ist nicht schlecht. Aber nur dann, wenn es nicht mit verschiedenen psychologischen Tricks versucht wird. Das weckt nur gegenteilige Emotionen.  Und noch etwas. Auch dann hängt es wieder von einer Entscheidung jeden Einzelnen SELBST, und würde wieder eine ENTWURZELUNG und AUSWANDERUNG bedeuten. Und… täuschen wir uns nicht! Es ist etwas so persönliches, das wir nicht beeinflussen sollen und auch nicht können.

Dazu noch eine kurze Geschichte, die von Anfang an wahr ist…. Aber noch nicht zu Ende, wird nie sein:  

Wir sitzen in einer schönen Taverne nicht weit von Strand auf einer Insel im Mittelmeer. Über unseren Köpfen rascheln die Blätter uralter Platanen und bieten uns die angenehme Kühle die so willkommen ist bei der Mittagshitze des Hochsommers. Unsere Gastgeber freuen sich, dass uns ihre Wahl des Lokals gefällt. Wir kennen uns schon lange. Darüber sprechen wir auch. Mein Mann stammt von der Insel. Ich aber und unsere Gastgeber sind Einwanderer. Darüber reden wir. «Wie lange seid ihr schon hier?»  «25 Jahre.»  Wie seid Ihr auf diese Insel gekommen?» Das ist eine lange Geschichte. Zuerst sind wir in verschiedenen Städten entlang der Route unserer Auswanderung gewesen und dort gearbeitet. Auf Baustellen, auf den Feldern, überall halt dort, wo es Arbeit gab. In Winter war es sehr schwer. So sind wir von Norden des Landes, auch durch die Empfehlungen unserer Bekannten und auch Nachbarn aus unserem Heimatdorf, hierhergekommen.» «Ja, das stimmt. Die meisten von Euch kommen aus der gleichen Gegend und Ihr alle kennt Euch daher sehr gut.» «Ich freue mich für sie. Ich weiss, wie schwer es ist in einem fremden Land zu sein, ohne die Sprache und die Menschen um sich zu kennen. Zumindest, hatten sie nicht mit dieser Schwierigkeit zu kämpfen. Und, wie ging es dann weiter?» Weiter? Wir sind hiergeblieben. Arbeit gibt es genug, wir kennen alle Menschen und sie kennen uns. Unsere Kinder sind hier geboren und aufgewachsen. Wir haben die Staatsangehörigkeit bekommen, haben gleiche Rechte, wählen wir. Unser Sohn ist nach dem Studium ins Militär und nach dem er fertig war, suchte er Arbeit. Unsere Tochter auch. Gerade letztes Jahr beendete sie ihr Studium…»

Und da ist der Punkt. Ihr Sohn, ein IT Spezialist mit Diplom auch Nachdiplom, fand keine Arbeit in dem Land, wo seine eingewanderte Eltern sich niedergelassen haben. Einen guten Job fand er in London, wo er jetzt schon 2 Jahre lebt. Dieses Jahr ist auch seine Schwester dahingezogen, da sie einen guten Job in einer Universität bekommen hatte, da sie ein Diplom Sprach Philologie besitzt.

«Und jetzt? Bleiben sie dort?» «Keine Ahnung. Es gefällt ihnen dort. Sie sind zufrieden. Im Moment wollen sie nicht zurück. Was sollen sie hier?» «Kommen sie euch nicht besuchen in den Ferien?» « Doch für ein paar Tage. Die Tochter ist wieder zurück, hatte noch nicht so viele Tage Urlaub zugut. Der Sohn ist in unser Heimatdorf, wo wir ein Haus besitzen und macht Ferien dort.»

Ungewöhnlich? Wohl nicht. Nicht jeder geht natürlich Arbeit suchen in einem anderen Land. Aber in den heutigen bewegten Zeiten passiert es immer öfter. Die Jungen Menschen sind flexibler geworden. Auch, weil sie von der Schule her mehrere Sprachen lernen und ihre Welt beschränkt sich nicht nur durch die Grenzen des Ortes, in welchem sie aufgewachsen sind.

Welches Volkes Kinder sie zum Schluss werden? Das werden sie irgendwann SELBST entscheiden. Und ihre Kinder? Die auch!!!